Lebt wohl, Kinder!
Also ließ ich mir vom Stationsarzt vorsichtshalber 25 mg meines Lieblingsneuroleptikums Prothazin verschreiben. Während ich den klaustrophobischen Gefahren mit Bangen entgegensah, freute ich mich auf die Geräusche.
Dem Erfahrungsbericht des Chauffeurs zufolge erwarteten mich kosmische Sinfonien. Aber um mich herum war nichts als Techno-Stakkato. Zur weiteren Beruhigung klopfte ich den stumpfen Rythmus auf meinem Bauch mit (alles unterhalb des Halses durfte leicht bewegt werden).
Nach zehn Minuten wurde ich erlöst.
Ich blickte auf den Bildschirm des Radiologen und fragte: "Ist das mein Gehirn?" - "Nein, das ist ein Herz." - - -
Zu heute habe ich mich entlassen lassen, nach fünf Wochen. In Berlin gibt es Dinge zu tun. (Und ich lasse mich ab Mittwoch in der Charité ambulant weiter behandeln.) Ich werde viel vermissen. Der "harte Kern", der sich in jeder Gruppe bildet, hat häufig so laut und viel gelacht und rumgealbert, dass die Schwestern streng guckten und klagten "Wir sind hier doch nicht im Kindergarten". Aber natürlich sind wir das - Psychiatrie ist Regression. Das ist Teil der Heilung.
Und auf dem Abschlussdokument habe ich angekreuzt, dass es mir "viel besser geht" als zu Beginn.
Es schneit riesengroße Flocken.
Und geht es Ihnen "viel besser", Infantin Anousch?
Und es kommt nur darauf an, die Reifröcke des Lebens gut ertragen zu können.
Willkommen draußen bei den Verrückten, z.B. ich wieder die letzten Tage ... Wenn man nur wüßte, woher das so alles kommt, nicht wahr, so biografisch? Ich wüßte da ja einiges SEHR gerne! Oder lieber nicht?
Charité - schon wieder so ein Poetenwort!
Prima Zeit wünscht Ihnen
Albert
Schön auch, wie selbstironisch die Ärzte hier in Erfurt mit ihrem Provinzkomplex umgehen: "In der Charité werden sie vielleicht die Hände über den Köpfen zusammenschlagen: LYRICA - Um Himmels Willen!"
Barmherzige Grüße,
Anousch
Liebe Grüße,
Anousch
vom rand des waldes.
wenn das herbstlaub nicht
wäre, ich würde frieren.
Schritt in den abgrund ich/
Greife ins nasse laub und/
Wasche meine hände in/
Abgr.unschuld
(Oder war es doch die Pathologische Sammlung?)
Herzlich, Anousch
allerdings nur, um ein Knie und dann eine Schulter zu scannen.
Beide Male nach einem Sturz beim Inlineskaten. Das richtige
Stoppen habe ich erst nachher gelernt. Ich habe jedesmal abgelehnt, mich in eine Roehre schieben zu lassen; also kam ich in ein "offenes" Geraet.
Ich bewundere Sie fuer Ihre Selbstberuhigungsmethoden
und fuer Ihren Humor!
Bonne chance! Audrii
Ich war e i nmal in solch einem Gerät.
Was mich in der Röhre genervt hat, war diese... na ja: "Musik" kann man nicht eigentlich sagen. Es war irgendein KItschgetröte, das deutlich unter akustischer Umweltverschmutzung lief. Als ich das verärgert hinterher äußerte, war man über m i c h verärgert. "Wir wollen unsere Patienten beruhigen!" "Ich will aber nicht beruhigt werden. Verdammt nochmal, für Ruhe hab ich Zeit, wenn ich tot bin. A u f r e g e n d soll es sein, nicht sedierend." Niemand verstand mich, ich hatte mal wieder meinen Charly-Brown-Pullover an.
@Audrii
Cordialement,
Anousch
@ANH
Dichter im Charlie-Brown-Pullover wäre ein nicht minder schönes Cover.
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