So ein riesengroßer Garten ist etwas wunderbares. Wenn es dann noch eine Datscha gibt mit dem verheißungsvollen Attribut 'Seezugang' und eine österliche Sonne sommerlich scheint, dann muss man im Kalendarium mit gespitzem Bleistift fein säuberlich notieren: "Ostern 2009. Schön."
Die Datscha, ein DDR-Serienmodell mit einem figurlosem Tympanon und einer Terrasse, erfüllt alle Sehnsüchte nach Behausung in der Natur oberhalb des Zeltes. Ziemlich weit oberhalb des Zeltes natürlich. Es gibt hier Bücherschränke, Merian-artige Drucke an den Holzwänden, Tineff und Kram, keine militärische Ordnung wie auf einem Segelboot, sondern eine geräumige Gemütlichlichkeit.
Man bekommt augenblicklich eine Fantasie vom geglückten Leben.
Ich fotografiere wie sich der Verleger, der Literaturredakteur, die Lektorin und der Schriftsteller auf dem Steg lümmeln. Später grämt es mich ein wenig, dass ich mir nicht mehr Mühe gegeben habe. Nur so ein Schnappschuß, die Seekante kippt und ein wenig verwackelt ist das Ganze außerdem. Die Nachlass-Sammlung fängt doch in jungen Jahren an. Und eines Tages wird dieses Bild leider nicht in der Biographie abgedruckt aufgrund seiner offenkundigen Mängel.
Ich schlüpfe aus dem Röckchen in die Jeans und möchte meine Hände in die Erde graben. Aber es geht erst einmal hinauf aufs Wasser. Ein traumhafter See, nicht allzu groß, aber groß genug für kleine Expeditionen. Die Uferseite ist so
ansehnlich, dass man sie wie ein flämischer Maler auf Leinwand bannen möchte. Ich steuere den Redakteur und die Lektorin gemütlich durch den See, der Chauffeur treibt Sport im Kajak.
Abends grillen wir Lamm-Filet. Schamlippenzart. Man sagt dann immer, etwas schmecke wie ein Gedicht. Aber welches?
Klar, man redet übers Business, aber nicht nur. Man sucht die Pointe. Man möchte schließlich lachen und sich nicht im Diskurs verkrampfen. Das gelingt.
Dann geht der Mond rot auf "wie ein blutig Eisen" (Woyzeck). Als er höher steht schimmert er silbrig im Wasser.
Am nächsten Tag sehen wir den ersten Zitronenfalter und das erste Tagpfauenauge des Jahres.
Der Gastgeber fährt uns noch zu einer Straußenfarm, und mit Straußenfleisch kehren wir heim in die Stadt, wo es zu einem neuerlichen kulinarischen Exzess kommt. Wir braten das superzarte Straußenfleisch ziemlich rare und einverleiben es uns gemäß des Züchter-Tipps mit nur nur wenig Salz und Pfeffer. Unvergleichlich.
An alle Carnivore: Strauß gilt als Heil-Fleisch, es ist außergewöhnlich schmackhaft, und man braucht es sich nicht mehr aus fernen Ländern teuer und unökologisch einfliegen zu lassen. Unterstützt vielmehr die heimische Straußenzucht!
Nach soviel gutem Fleisch und Wein habe ich die letzten zwei Tage praktisch nur geschlafen.
Ab morgen ziehe ich wieder in die Schlacht. Um Wohnung, Job und Lebensglück.