Am Samstag war ich an der Seite meines Chauffeurs nach Göttingen eingeladen. Es galt, den 80sten Geburtstag von
Günter Grass zu begehen. Der NDR veranstaltete zu diesem Anlass eine Geburtstagsgala und man muss sagen: Glückwunsch! - das haben Sie alle gut hingekriegt. Caren Miosga hatte moderiert, sehr souverän, aber angemessen dezent. Viele Freunde und Weggefährten waren da und haben sich auf ihre Weise vor dem Jubilar verbeugt. Dabei gab es herausragende, um ruhig zu sagen: unvergessliche Szenen. Der Jazzer Günter "Baby" Sommer trommelte ein Schlagzeugsolo von berückender Intensität. David Bennent las eine Grass-Passage und ist wohl Oskar Matzerath geblieben: klein, stark, unheimlich. Inge Feltrinelli steigerte sich in einen hinreißenden Erinnerungsrausch. Harry Mulisch dankte Günter Grass und sich selbst dafür, dass sie so viele schöne Bücher geschrieben haben.
Am anrührendesten aber war das Duett von Günter Grass und seiner üppig-schönen Tochter Helene. Er rezitierte, sie sang und gemeinsam schlossen sie mit der Strophe:
Ännchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn,
Mein Leben schließ' ich um deines herum.
Gegen solcherlei Liebesbande kann kein noch so hinterhältiger Feuilletonist anstinken. Das Bekenntnis vom vergangenen Sommer wurde freilich auch thematisiert. Man kann sich zu Zeitpunkt, Art und Weise des Bekenntnisses nicht affirmativ verhalten, aber angesichts der Fülle dieses Lebens, lässt sich auch kein Stab mehr über diese Künstler-Biographie brechen.
Hinterher gab es noch einen Empfang. Als ich den Raum betrat, war Gerhard Schröder schon da. Wir Kinder kleiner Leute sind eben immer die ersten am Büffet.