...
Dieses Jahr aber feierten wir alle in Leipzig in der sehr geräumigen Wohnung meiner mittleren Schwester, ihrem Freund und dem Kleinen. Das gab eine herrliche Bescherung, weil der anderthalbjährige Kleine, der über seiner Jeans ein weißes Hemd mit Fliege (von H&M) trug und somit allen Tränen der Rührung in die Augen trieb, drehbuchmäßig agierte: hat alle Geschenke ausgepackt, damit gespielt und immer wieder so irrsinnig niedliche Aktionen gestartet.
Am 25.12. kamen die Großeltern und der Onkel aus Dresden und es wurde damit zu einem richtigen Familienfest. Für meinen, also mütterlichen Teil der Familie, das erste seit 10 Jahren. Denn da bei uns entweder alle tot oder doof sind, waren wir vier Weiber uns die Jahre über selbst ausgeliefert, was immer vier Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs bedeutete. Das diesjährige Weihnachten hingegen war reiner Balsam für die Seelchen. Was nicht zuletzt daran liegt, dass meine Schwester wirklich Glück mit ihren Quasi-Schwiegereltern hat, die sehr herzlich, ja liebenswürdig sind. Das Festessen wurde dann ein Gemeinschaftswerk: die Ente von den Dresdnern, Rotkohl von Mama und die Klöße von Schwester und Freund. Angestoßen wurde u.a. mit einer selbstgekelterten Dresdner Traube. Am Nachmittag gab es einen Spaziergang in der klirrenden Kälte des Clara-Zetkin-Parks, wo der Kleine, der in seinem Schneeanzug aussah wie ein winziger Kosmonaut, mit der Familien-Meute Fußball spielte. Am Abend waren alle Erwachsenen, d.h. die Großeltern, wieder verschwunden. Wobei 'Großeltern' insofern komisch klingt, als das meine Mutter Anfang Fünfzig und die Dresdner gar erst Mitte Vierzig sind.
Und so saßen wir dann zusammen: drei Schwestern und ein Mann, jeder mit seiner neuen Rolle, aber nur mit der alten hadernd. Mutter, Vater, Tante. Und immer noch Kind.
Trackback URL:
https://anjaodra.twoday.net/stories/5411814/modTrackback